Eine Professur an einer Hochschule für Musik und Tanz Köln mit dem Begriff „Innovation“ zu betiteln, ist insofern bemerkenswert, als letzterer im Zuge der Neoliberalisierung der letzten Jahrzehnte auch zu einem gesellschaftlichen Imperativ mutiert ist, der das Individuum dem Druck einer kontinuierlichen Neuerfindung seiner selbst aussetzt – durchaus ein Widerspruch zum hehren Ideal künstlerischer Autonomie! Gleichzeitig kann dies als Chance zur Stärkung der gesellschaftlichen Rolle von Kunst begriffen werden. Schließlich ist genannter Imperativ bei näherer Betrachtung – spätestens seit Klimawandel, Migrationskrise und Rückkehr kriegerischer Auseinandersetzungen nach Europa – ohnehin ein kollektiver. Einer einseitigen Ökonomisierung des digitalen Mediums setzen wir dabei eine kreativ forschende Auseinandersetzung entgegen. Wer sollte im gesellschaftlichen Diskurs besser positioniert sein als die künstlerischen Hochschulen, um derlei Denkanstöße zu liefern?
Um digitale Innovation als Vehikel künstlerischer Invention zu etablieren, stärken wir einerseits die digitalen Fertigkeiten unserer Studierenden. Im Sinne einer „Coding Literacy“ sollen Möglichkeiten und Grenzen algorithmischen Denkens durch praktische Umsetzung künstlerischer Ideen erprobt werden; beispielsweise im Seminar „Code as Music – Music as Code“ oder in einer mit den Fachbereichen Tanz und Musikwissenschaft geplanten Erforschung des Themenkomplexes „Electronic Dance Music“.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Ermöglichung digitaler Teilhabe an einer diversen Gesellschaft. Gerade jüngere Musiker:innen musizieren heute bereits fast immer in irgendeiner Form „digital“. Sie sollen auch jenseits klassischer Instrumentalpädagogik dort abgeholt werden, wo ihre musikalischen Interessen liegen, etwa im Rahmen unseres Workshops „Beats Programmieren“ beim diesjährigen Mädchen-Zukunftstag.
Eine angestrebte digitale Nachhaltigkeit soll aufzeigen, dass gerade die kreative Anwendung digitaler Medien durchaus von inflationärem Technologiekonsum entkoppelbar ist, etwa durch den Einsatz auch „veralteter“ oder recycelter Hardware sowie von Free/Libre Open Source Software.
Übergeordnetes Ziel dieser Bemühungen soll schließlich das Streben nach einer digitalen Autonomie sein, die sich nicht etwa rein technologisch, sondern letztendlich – und nur dem trügerischen Anschein nach etwas altbacken – vor allem im künstlerisch-humanistischen Sinn versteht.